Temporäre Fassadeninstallation am Kunsthaus in Bregenz
Das Kunsthaus Bregenz zeigt mit der Retrospektive “Environmental Works 1968-1999″ einige bedeutende Werke des New Yorker Künstlers Keith Sonnier. Dabei wurde die Glasfassade des Kunsthauses selbst zum weit sichtbaren Objekt gewandelt. Mit Bruce Naumann, Robert Smithon, Barry Le Va oder Richard Tuttle zählt der 1941 in Louisiana geborne Keith Sonnier zu einer Gruppe von US-Künstlern, die der radikalen Formensprache der Minimalisten in den 60er Jahren eine Absage erteilten und eine neue Form von Skulptur (New Sculpture) schufen. Sein spektakulärstes Werk in Europa ist der über 1,2 Kilometer lange, verschiedene Terminals verbindende ”Lichtweg” im Münchner Flughafen.
Das Vorhaben
Den Gedanken, die Fassaden des Kunsthauses als Medium zu nutzen, stammt vom künstlerischen Direktor des Kunsthauses, Edelbert Köb. Bereits vor zwei Jahren, bei der feierlichen Eröffnung des Kunsthauses, wurde die Außenfassade komplett eingefärbt. “Würde das Budget es gestatten, würden wir die Fassade jedes Jahr von einem Künstler bespielen lassen”, so Köb. Neben den technischen Herausforderungen, die eine solche Installation zwangsläufig mit sich bringt, stand die Finanzierung des Ganzen noch Mitte September in Frage. Unter der Berücksichtigung, dass die Ausstellung am 2. Oktober feierlich eröffnet werden sollte, eine nervenaufreibende Situation für die Projektleiterin des Kunsthauses, Eva Thole.
Konzert des Künstlers
Im Gegensatz zu Sonniers statischen Installationen wünschte sich der Künstler eine Installation, die das Kunsthaus wie ein überdimensionales Farbdisplay erscheinen läßt. Die fragmentarisch erscheinenden Zahlensequenzen sollten visuell den bevorstehenden Milleniumswechsel darstellen. Eine überdimensionale “400″, verteilt auf drei Fassadenseiten, sollte als Symbol für die Zeit gelten, in der die Römer es sich in Brigantium – Bregenz – gemütlich machten.
Lichtregie für 600 Feuchtraumleuchten
Für die Umsetzung der entstandenen Ideen in ein realisierbares Konzept verpflichtete das Kunsthaus die Kölner Firma LightLife. Der Betrieb um Lichtplaner Antonius Quodt gilt als Spezialist für die Realisierung von Sonderbeleuchtungsanlagen, deren Machbarkeit zunächst in Frage steht. In der Vergangenheit hatte LightLife durch Installationen, zum Beispiel für den Wiener Multimediakünstler André Heller, auf sich aufmerksam gemacht. Es galt nun, die Ideen des Künstlers in realisierbare Technik zu wandeln. Die einzelnen”Digits” wurden aus bis zu sechs einzelnen Feuchtraumleuchten (Zumtobel FZ1/36W) gefertigt. Jürg Zumtobel, Kunstfreund und Mitglied im Vorstand des Bregenzer Kunsthauses, stellte die ca. 600 benötigten Leuchten und Vorschaltgeräte zum Selbstkostenpreis zur Verfügung. Damit begann nun der eigentliche Aufwand. Die Montage der Leuchten in bis zu dreißig Metern Höhe war im Verhältnis zu der anstehenden Arbeit des “Verdrahtens” der Leuchten einfach. Dort stand nun Jan Julius Miebach, Technischer Leiter bei LightLife, vor circa zwei Kilometern Gummischlauchleitung und circa 850 schweren Schukokupplungen sowie den benötigten Steckern. Die Verdrahtung und das Einfärben der Leuchten nahmen mit vier Personen allein elf Tage in Anspruch. Für die Montage in den vier Fassadenseiten wurde in Absprache mit dem Künstler für jede Seite ein eigener Verdrahtungsplan für die jeweils drei Farbgruppen je Fassadenseite erstellt.
Unterhalb des Erdgeschosses wurde auf jeder Seite jeweils eine Schalteinheit montiert, die zwölf Steuerkanäle digital verwaltet. Der Künstler definierte nun zwölf unterschiedliche “Schaltgruppen” je Fassadenseite, die wiederum die späteren “Digits” darstellen. Die Schwierigkeit bei den geplanten Lauflichtsequenzen in den einzelnen Fassadenseiten lag in der Lampentechnologie selbst. Üblicherweise flackern Leuchtstoffröhren beim Einschalten. Abhilfe ist hier mit einem elektronischen Ballast möglich. Ein EVG aber zündet das Leuchtmittel nicht sofort mit dem Anlegen der Steuerspannung, sondern zeigt eine Verzögerung von bis zu zwei Sekunden im Einschaltmoment. Nach einigen Versuchen und mit der Unterstützung aus dem Hause Tridonic entschied man sich für ein EVIG mit definiertem Einschaltverhalten. Dieses wurde erforderlich, da zum Beispiel mit der Darstellung der ”4″ auf der Eingangsseite des Kunsthauses bis zu 33 Leuchten zeitgleich für den Betrachter zünden mußten. Zur Steuerung der kompletten Fassadeninstallation mit nun 48 digitalen Kanälen wurde noch ein DMX-Netzwerk, wie in der Bühnentechnik üblich, installiert. Steuerungen und Bussysteme, welche im Bereich der Architektur üblich sind, erschienen hier ungeeignet. Zur Programmierung und zur späteren Ablaufsteuerung war ein hoher Datenstrom mit den Zustandsinformationen der einzelnen Kanäle erforderlich. Die Farbigkeit der einzelnen Leuchten wurde mittels Farbfilterfolien, ebenfalls in der Bühnentechnik üblich, definiert. Die auf dem Markt erhältlichen Standard-Leuchtstofflampen boten ein zu sehr eingeschränktes Farbenspektrum zu einem recht hohen Preis.
FAZIT
Die Installation am Bregenzer Kunsthaus ist ein weiterer Hinweis auf den sich schon länger abzeichnenden Trend, mit dem Fachwissen und der Kombination zweier Berufsgruppen ein Projekt zu realisieren. Die Annäherung zwischen den unterschiedlichen Beleuchtungstechnologien in der Bühnentechnik und denen der Architektur zeigt immer erstaunlichere Früchte, zur Freunde der Betrachter!
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